Der Bereich der Hartz IV Koordination und Vermittlung in Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung bei der Arbeiterwohlfahrt Gettorf und Umgebung e. V.
Wir bemühen uns, den fälschlicherweise oft in Öffentlichkeit und Presse benutzten Begriff des Ein-Euro-Jobbers zu vermeiden. Ein ALG II Mitarbeiter ist zwar für uns ein Mitarbeiter mit besonderem Status, aber er/sie erwirtschaftet, wie jeder andere Mitarbeiter auch, seinen/ihren Lebensunterhalt über die Tätigkeit im ALG II Bereich.
Hier ein Beispiel: Der ALG II Empfänger erhält von der ARGE neben der Grundsicherung von 351,-, eine Grundmiete, Heizkostenerstattung, Zuschüsse für Klassenfahrten der Kinder etc. Arbeitet er 30 Stunden in der Woche bei uns, erhält er weitere 120,-€ und Fahrtkostenerstattung für die Fahrt zur Arbeit und nach Hause. Somit liegen seine monatlichen Einnahmen zwischen 700-900,- € netto im Monat. Über dies hinaus kann er noch anrechnungsfrei 100,-€ in einem ‚Nebenjob’ dazu verdienen. Das ist sicherlich nicht der bestbezahlte Job, aber gemessen an der teilweise nicht vorhandenen Ausbildung der Mitarbeiter oder fehlender Berufskenntnisse, ist die Bezahlung im Vergleich zu bei uns hauptamtlich beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hoch. Ein jahrelang im Beruf stehender Erzieher erhält bei uns bei einer 30 Stundenstelle 1000-1200,- € netto! Davon muss er/sie ALLES selbst zahlen. Das sollte aus unserer Sicht nicht vergessen werden.
Und so wird man bei der AWO ALG II Mitarbeiter: Ein potentieller Mitarbeiter wird der AWO Gettorf und Umgebung e. V. durch den Fallmanager der ARGE zugewiesen. Die AWO erhält von der ARGE einen entsprechenden ‚Vermittlungsvorschlag’. Der Mitarbeiter soll sich dann selbständig bei der AWO Gettorf melden.
Das selbständige und unaufgeforderte Melden ist uns wichtig, denn es ist für uns eine Messgröße, an der wir erkennen können, wie hoch die Eigenverantwortlichkeit und Motivation des potentiell neuen Mitarbeiters einzustufen ist.
Wer keine Beschäftigung wünscht, meldet sich in der Regel auch nicht von allein sondern ‚sitzt die Aufforderung zur Meldung aus’.
Oft ist aber auch aufgrund aktueller oder schon lang anhaltender Lebenskrisen jeder Weg für die zugewiesenen Menschen ein Weg zu viel. Sie sind zwar in der Regel leistungsbereit aber nur eingeschränkt leistungsfähig. Sie sehen sozusagen ‚den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr’, weil ihre Kinder krank oder mangelhaft betreut sind, ihre Partner sich getrennt haben, traumatische Erlebnisse aus der eigenen Kindheit oder einer späteren Lebensphase das eigene Handeln blockieren, Alkohol oder Drogen das Leben nur noch durch einen ‚Nebel erkennen lassen’. Unsere Verwaltungsmitarbeiterin Frau Leonhardt nimmt telefonischen Kontakt zu all den zugewiesenen potentiellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf, die den Weg nicht allein zu uns finden. Erreicht sie niemanden telefonisch, so schreibt sie auf jeden Fall eine persönliche Einladung. In vielen Fällen erfolgt hierauf auch eine Rückmeldung. Aber auch bei Rückmeldung erscheint der Angeschriebene nicht immer zum vereinbarten Gesprächstermin. In solchen Fällen wird der Fallmanager der ARGE über die fehlende Kooperationsfähigkeit oder –bereitschaft informiert.
Im Erstgespräch mit dem zugewiesenen potentiellen neuen Mitarbeiter/bzw. der Mitarbeiterin , das wir als Bewerbungsgespräch betrachten, informiert Frau Drescher über die möglichen Einsatzfelder innerhalb der AWO und bei den Kooperationspartnern. Die Einsatzfelder im gemeinnützigen sozialen Bereich sind unerschöpflich. Exemplarisch seien hier die Einsätze in Altenheimen, in Kindertagesstätten, im Bereich der Gemeindearbeit, in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, am Schulzentrum in Gettorf, in der Grundschule Gettorf genannt.
Überall werden helfende Hände benötigt, die aus der Staatskasse nicht im ausreichenden Maß finanziert werden können. Warum das so ist? Ganz einfach: Die Einnahmen zur Deckung von sozialen Aufgaben in einer Gemeinschaft werden von den Steuerzahlern erwirtschaftet. Steuern zahlen auch all die, die Einnahmen aus beruflicher Tätigkeit haben. Wer keine Anstellung hat oder keine Einnahmen aus Selbständigkeit erwirtschaftet, zahlt in der Regel auch keine bis kaum Steuern. Es sei denn, Vermögens- oder Erbschaftssteuer J
Ein ALG II Mitarbeiter ermöglicht durch seinen gemeinnützigen Einsatz, dass ein Teil des fehlenden Steueraufkommens kompensiert wird. Er zahlt zwar kein Geld an den Staat, das in die Gemeinschaftskasse fließen könnte, aber er kann die sozialen Aufgaben an einem bestimmten Ort selbst erfüllen.
Die Einsatzfelder im ALG II Bereich sind sehr interessant und die Erfahrung hat gezeigt, dass ein Einsatz im ALG II Bereich für einige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auch ein entscheidendes Erlebnis im Leben bedeutet. Manchmal führt der Einsatz sogar dazu, dass das ganze Leben ‚umkrempelt’ wird. Seit 2007 haben sich fünf Mitarbeiter zum Sozialpädagogischen Assistenten (SPA) ausbilden lassen, die zuvor im Büro, auf dem Bau oder in einem Handwerk gearbeitet haben. Acht weitere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben sich im Bereich der Altenpflege neu orientiert. Zwei der SPAs sind heute fest bei der AWO in Gettorf beschäftigt.
Nicht selten geht der Anstoß zur Ausbildung zum SPA oder Altenpflegehelfer von den Einsatzstellen aus. Sie lernen einen ALG II Mitarbeiter natürlich im Rahmen der Einsatzmaßnahme sehr gut und intensiv kennen und merken, wer Talent für diesen sozialen Beruf hat und wer nicht. Da im ALG II Bereich nicht alle Aufgaben ausgeführt werden dürfen, die die hauptamtlichen Mitarbeiter zu erledigen haben, empfehlen wir nach einer Eingewöhnungszeit und entsprechender Eignung ein Praktikum in der Einsatzstelle oder auch in einer anderen Einrichtung, um umfangreichere Tätigkeiten ausprobieren zu können. Im Altenheim ist beispielsweise der Bereich der Demenzbetreuung für die ALG II Einsatzbereiche nicht zugänglich. Dieser kann nur im Rahmen eines Praktikums erkundet werden. So soll sichergestellt bleiben, dass die Einsatzbereiche wirklich zusätzliche soziale Aufgaben abdecken und keinem hauptamtlichen Mitarbeiter den Arbeitsplatz streitig machen.
Natürlich kommt es aber auch vor, dass ALG II Empfänger eine Einsatzstelle bekommen, in der sie ihre Qualitäten nicht befriedigend einbringen können. Das Arbeiten mit Jugendlichen, die sich maßlos und unverschämt verhalten oder das ‚Händchenhalten’ bei alte kranken Menschen, die doch sehr leiden, ist nicht jedermanns Sache.
Um zu prüfen, ob die Einsatzstelle die richtige Stelle für die eingesetzte Person ist, welche berufliche Perspektive in den nächsten Monaten entwickelt werden kann, wer welche Hilfe beim Erstellen von Bewerbungen oder ggf. auch bei der Lösungsfindung persönlicher Sorgen und Nöte benötigt, arbeiten wir bei der AWO Gettorf in einem Team. Frau Leonhardt hat mehrere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit unterschiedlichen Qualifikationen zur Verfügung, die sie als persönliche Begleiter für die ALG II Mitarbeiter auswählen kann. So werden z. B. psychologische Ersthilfe und –begleitung , Hilfestellung bei der Beantragung einer längst überfälligen Mutter-Kind Kur gegeben, Einweisungen in psychiatrische Unterbringungen gemeinsam vorbereitet, Alkohol- und Suchtprobleme bearbeitet. Natürlich können wir niemanden zwingen, sich mit den eigenen Problemen auseinanderzusetzen und sich z.B. in eine Therapie zu begeben. Aber wir können motivieren und begleiten.
Menschen, die sich in einer schweren Lebenskrise befinden, sind aus unserer Erfahrung heraus meist genauso wenig leistungsfähig, wie Menschen, die unter einer schweren organischen Erkrankung leiden. Unsere Erfahrung ist, dass erst das Leid behoben oder zumindest gelindert werden muss, bevor ein Arbeitseinsatz langfristig Erfolg versprechen kann.
Wer Hilfe braucht, bekommt diese bei der AWO Gettorf auf kurzem Weg und unkonventionell. Auch das Ehrenamt der AWO Gettorf ist hier aktiv und unterstützt gezielt einzelne Menschen. Herr Trimpler, stellvertretender Vorsitzender der AWO Gettorf und Umgebung e. V., begleitet die neuen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bei ihrem ersten Vorstellen in den möglichen Einsatzstellen, ehrenamtliche Juristen unterstützen bei der Bewältigung von Ämtergängen und geben Hilfestellung bei der Beantwortung rechtlicher Fragen. Im Falle der Verschuldung kann unser Vorsitzender, Herr Wulf-Dieter Stark-Wulf, in seiner Samstagssprechstunde Rat und Vermittlung anbieten.
Insgesamt haben wir mit den ALG II Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehr gute Erfahrungen gemacht. Es ist für uns eine Freude zu sehen, wie Menschen wieder am Arbeitsprozess teilhaben, wie sie in Arbeit vermittelt werden, wie sie ihre privaten Probleme bewältigen lernen und fast ein neues Leben beginnen. Natürlich gibt es auch andere Fälle, aber mit denen möchten wir uns nicht lang beschäftigen. Auch wir als Anbieter der Arbeitsgelegenheiten und als Begleiter in dieser doch für viele sehr schwierigen Lebensphase brauchen Energie und Motivation und diese holen wir uns von all denen, die unsere Hilfe annehmen, beim Integrationsprozess mitmachen und engagiert zur Arbeit erscheinen.
Pressemitteilung vom 11.02.09
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